- •5. Städtebürgerliche Dichtung (Spätmittelalter).
- •7. „Das Narrenschiff“ von Sebastian Brant
- •8. Die Dunkelmännerbriefe
- •10. «Vadiscus oder die römische Dreifaltigkeit» von Ulrich von Hutten
- •11. Das Tierepos „Reinke Fuchs“—ein Volksbuch
- •12. Till Eulenspiegel—ein Volksbuch
- •13. Das Schildbürgerbuch—ein Volksbuch
- •38. Heidelberger Romantik
- •43. Vormärzdichtung 30er Jahre
- •44.Die Vormärzdichtung 40er Jahre
- •45.“Buch der Lieder“ (1872) von Heine
- •49„Atta Troll“
1.Das Hildebrandslied. Das wichtigste erhaltene Denkmal der germanischen Zeit blieb das H. Ursprünglich war das eine langobardische Dichtung aus dem 7.Jh, die gehörten zu den Dietrich-Sagen (Dietrich von Bern oder Theodorich der Große – regierte 493-526). Das Lied gelangte nach Beyern und wurde dort umgedichtet. Zu Beginn des IX. Jhs wurde das Werk im Kloster Fulda mechanisch aufgeschrieben. Das überlieferte heldenepische Stabreimgedicht besteht in herkömmlicher Zählung aus 68 Langversen. Inhalt: Der König Odoaker verjagte den König Theodorich vom langobardischen Thron. Theodorich floh mit seinem Gefolge zu dem Hunnenkönig Attila. Unter seinen Rittern war sein Waffenminister Hildebrand, der musste seine Frau und den kleinen Sohn zurücklassen. Nach 30 Jahren kehrten Theodorich u. seine Ritter in die Heimat zurück, um den Thron zurückzuerobern. An der Grenze trat ihnen das langobardische Herr mit Hildebrand’s Sohn Hadubrand an der Spitze entgegen. Die besten 2 Ritter von jeder Seite verhandelten vor dem Kampf. Aus dem Gespräch verstand Hildebrand, dass der andere sein Sohn war. Er gab sich zu erkennen, aber Hadubrand glaubte ihm nicht. Er bezichtigte den alten Ritter der Lüge u. der Feigheit. Jetzt musste Hildebrand seine ritterliche Ehe retten u. mit seinem Sohn bis zum Tode kämpfen. An dieser Stelle bricht das Heldenlied ab. Aus anderen Quellen ist bekannt, dass der erfahrenere Hildebrand seinen Sohn besiegte u. tötete. Das Heldenlied zeigt schon die ersten Merkmale des Christentums, aber im Mittelpunkt bleibt das Schicksalsglaube der alten Germanen. Die rhythmische Konstante des Langverses im Hildebrandslied blieb die Alliteration (Stabrheim)
2.Das Niebelungenlied. Gottfried von Straßburg. „Das Nibelungenlied“: Heldenepos, erhalten geblieben - 10 vollständigen, 22 unvollständigen Handschriften, Historische Grundlagen: Burgundenuntergang, Tod Attilas (453). Aus 2 Teilen. 1- „Siegfrieds Tod“ (Held hilft burgundischem König Gunter in seinem Kampf gegen Sachsen und Dänen: tötet den Drachen, badet in seinem Blut, bekommt Hornhaut, nimmt Nibelungenschatz, hilft burgundischem König Gunter unbesiegbare Walküre Brunhild besiegen und heiraten. Belohnungs-Schwester der burgundischen Könige zur Frau. Wahrheit über wahren Sieger ans Licht. Gunter und seine Frau Brunhild töten Siegfried. Kriemhild hasste Mörder, wollte rachen, am Heiratstrag des Hunnenkönigs Attila (Äzel) an lud alle Burgunden ein. 2. Teil - „Kriemhilds Rache“. Kriemhild ließ töten während des Hochzeitsfestes die Burgunden. Mörder Hagen tötete sie selbst. Sie wurde auch getötet. Ganzes Epos auf die Gestalt von Kriemhild ausgerichtet ist: liebliches Mädchen, glückliche Ehefrau, verzweifelte Witwe, wütende Rächerin. Dem 2.Teil folgt „Die Klage“: Gefallenen beweint, Grausamkeit verurteilt. Strophische Form Liedes - „Nibelungenstrophe“. Die Strophe -aus 4 Langzeilen, durch Zäsur in 2 Kurzzeilen zerfallen (hat 3 Hebungen, letzte Kurzzeile - 4 Betonungen). Mehrmals bearbeitet: 19 Jh. Friedrich Hebbel „Die Nibelungen“, 20 Jh. Paul Ernst „Brunhild“ und „Kriemhild“.
3.Der Ritterroman: Der arme Heinrich, Parzival, Tristan u Isolde. «Der arme Heinrich» (H von Aue) - Hartmanns Hauptwerk. Die kurze Versnovelle über einen hochadligen Ritter, der durch Gott mit Aussatz gezeichnet wird und nur durch das Herzblut einer sich freiwillig opfernden Jungfrau geheilt werden kann, verbindet höfische und geistliche Erzählmuster. Der reiche und glückliche Heinrich von Aue, wohl ein Vorfahr des Dichters, wird eines Tages vom Aussatz befallen und dh von jedermann gemieden. Er ist verzweifelt, es gibt nur ein Mittel, das ihn heilen kann: das Herzblut eines reinen Mädchens. Er zieht sich auf einem einsamen Meierhof zurück, wo er jahrelang von einem jungen Mädchen gepflegt wird. Als sie hört, wie ihm geholfen werden kann, will sie ihr Leben für ihn opfern. Sie geht mit dem armen Heinrich nach Salerno, wo ein Arzt ihr das Herz herausschneiden soll. Als das Messer schon angesetzt ist, gelangt der Kranke plötzlich zu der Einsicht, dass er für seine Gesundheit kein Menschenleben opfern darf. Er will sein Leiden lieber in Geduld tragen. Dieser seelischen Gesundung folgt durch Gottes Gnade bald die körperliche. Aus Dankbarkeit heiratet er das selbstlose Mädchen. Gottfried von Straßburg „Tristan u.Isolde“ Tristan wird von seinem Oheim, dem König Marke, als Brautwerber zu Isolde nach Irland geschickt. Isoldes Mutter mischt vor der Rückfahrt einen Zaubertrank, der Marke u. Isolde in inniger Liebe binden soll. Durch ein Versehen trinken jedoch Tristan u.Isolde auf der Heimreise davon u.werden einander unlösbar verbunden. Trotzdem vermählt sich Isolde mit Marke. Die jungen Liebenden aber brechen die Gebote von Religion und Sittlichkeit. Sie betrügen Marke in ehebrecherischer Weise. Daraufhin werden sie vom Hofe vertrieben u. lebe eine Zeitlang zusammen im Walde, bis Isolde zu Marke zurückkehrt u.sich mit ihm aussöhnt. Tristan zieht um der Geliebten willen zur Normandie, wo er in fremde Dienste tritt, u.heiratet dort Isolde Weißhand. – Hier bricht die Dichtung ab. Nachfolger Gottfrieds haben versucht, das Epos weiter auszuspinnen: Beide sterben vor Liebeskummmer, u.noch auf den Gräbern verschlingen sich Rosenstock u. Rebe ineinander. Wolfram von Eschenbach-der bedeutendste höfische Epiker. Er stammt aus Eschenbach bei Ansbach u. führte ein unstetes Wanderleben. Am Hofe der Landgrafen von Thüringen traf er mit W. von der Vogelweide zusammen. Wolframs Hauptwerk ist „der Parzival“, er enthält Teile der alten Gralssage. Der Parzival Wolframs ist ein solcher Ritter, den Gott dazu auserkoren hat, Gralsritter zu werden. Das Werk ist ein Entwicklungsepos, da es die innere Entwicklung Parzivals zeigt. Inh.: P. wächst einsam im Walde bei seiner Mutter Herzeloyde auf, nachdem sein Vater Gahmuret schon vor seiner Geburt im Kampfe gefallen ist. Die Mutter will ihn vor einem solchen Schicksal bewahren u. zieht ihn dh weltfremd auf. Er erfährt nichts von der Welt, von Rittern, hat kaum eine Vorstellung von Gott. Eines Tages trifft er im Walde Ritter, durch sie hört er vom Hofe des Königs Artus, u. nun kann ihn seine Mutter nicht mehr zurückhalten. Sie zieht ihm jedoch Narrenkleider an, in der Hoffnung, dass man ihn verspotte u. er bald zurückkehre werde. Aber er reitet zum Hofe des Königs, ohne sich um den Spott der Leute zu kümmern. Dort trifft er auf den „Roten Ritter“ Ither, den er im Zweikampf tötet. Er nimmt ihm Rüstung u. Schwert u.erscheint so vor Artus, der ihn zum Ritter schlägt u. in die Tafelrunde aufnimmt. Parzival zieht weiter bis er zur Burg des Ritters Gurnemanz kommt. Hier wird er von dem alten, erfahrenen Mann in ritterlichen Sitten u.Idealen unterwiesen. Dabei erfährt er, dass ein Ritter im Leben nicht zuviel fragen soll. Unrast u. Sehnsucht nach der Mutter, die inzwischen an Herzeleid gestorben ist, treiben ihn weiter. Er befreit die schöne Königin Kondwiramur, mit der er sich vermählt. Auf der Suche nach seiner Mutter gelangt er an die Gralsburg, wo der Gralskönig Amfortas verwundet darniederliegt. Parzival sieht die märchenhafte Pracht, den strahlenden Gral u.den stöhnenden König – fragt aber nicht nach seinem Schmerz. Nach dem Mahle wird er zu seinem Lager geleitet, doch als er erwacht, liegt das Schloss wie verlassen. Sein Pferd steht gesattelt. Wie er zum Artushof kommt, erscheint die Gralsbotin Kundrie u.verflucht ihn. Auch aus der Tafelrunde wird er verstoßen. 5Jahre irrt er auf langen Fahrten durchs Land, von Zweifel aufgewühlt. Er ist sich keiner Schuld bewusst u.zweifelt an Gott. An einem Karfreitag kommt P. zu dem frommen Einsedler Trevrizent, der sich seiner annimmt u. ihm das wahre Wesen Gottes vor Augen führt. Er erkennt, dass er in der Gralsburg falsch gehandelt hat. Er bereut sein Tun, sein Hochmut schwindet, er beugt sich in Demut. Damit sind die Jahre des Zweifelns überwunden. Nach weiteren Kämpfen mit den tapfersten Rittern wird er wieder in die Tafelrunde aufgenommen. Durch die Gnade Gottes gelangt er zum zweitenmal in die Gralsburg. Aus Mitleid stellt er nun die Frage nach dem Leiden, heilt so den kranken Amfortas u.wird Gralskönig. Er findet auch seine geliebte Gemahlin Kondwiramur mit seinen beiden Söhnen.
4. Der Minnesang und Walter von der Vogelweide Die höfische Ritterdichtung reduziert sich nicht auf Ritterromane. Reichhaltig und bedéûïsamTsTauch die höfische Lyrik, die in die Geschichte der deutschen Literatur unter dem Namen «Minnesang» einging. In seiner Entwicklung durchlief der Minnesang gleich der Ritterepik mehrere Etappen. Der Minnesang und die Ritterepik sind somit parallele literarische Erscheinungen. Quellen des deutschen Minnesangs waren zweierlei: einmal war es die provenzalische Troubadourpoesie, zum anderen die Volksdichtung. Der von der Volksdichtung beeinflußte Frühminnesang wirkt archaisch und einfach im Ausdruck, während die von den Troubadours abhängige Lyrik formell äußerst biegsam und geschmeidig' ist. Die volkstümliche Tendenz im Frühminnesang repräsentieren von Kürenberg und Dietmar von Aist. Die Liebe erscheint im altheimischen Minnesang als ein inniges, natürliches Verhältnis der Liebenden. Die Liebenden begehren sich darin und ihre Liebe findet aufrichtige Erfüllung, während in dem von den provenzalischen Troubadours und den nordfranzösischen Trouvers beeinflußten Minnesang die Liebe zwischen dem Ritter und, der verheirateten hochadeligen Frau zu einem platonischen Liebesspiel, einer unnatürlichen Pose und Maske erstarrt. In dieser Lyrik wird Liebespein des Ritters und die Unnahbarkeit der Herrin verherrlicht. Natürliche Liebesgefühle sind daraus verbannt. Diesen konventionellen Minnesang repräsentiert unter anderen Reinmar von Hagenau, dessen Schüler Walther von dçr Vogelweide diese Dichtweise überwindet und als Lyriker den Gipfelpunkt in der Entwicklung des Minnesangs erklimmt. Im Nachstehenden befassen wir uns eingehender mit' den vier hervorragenden höfischen Dichtern. Es sind dies Hartmann von Aue, Wolfram von Eschenbach, Gottfried von Straßburg und Walther von der Vogelweide.
Der aus einem niederen österreichischen Ministerialengeschlecht stammende Walther von der Vogelweide (um 1170— um 1230) war der größte deutsche Minnesänger der hochfeudalistischen Epoche, der den Minnesang zur höchsten Blüte brachte, indem er ihn zu überwinden begann. Sein dichterisches Erbe ist ziemlich umfangreich und vielgestaltig — etwa siebzig Lieder und hundert Sprüche. Er versuchte sich in allen Gattungen der Poesie jener Zeit und leistete in allen Unvergängliches. Uns sind seiné Minnelieder im höfischen
und volkstümlichen Geiste überliefert, am wichtigsten sind aber wohl seine Sprüche politischen und sittlichen Inhalts, die häufig allgemeine philosophische Betrachtungen enthalen.
Waither mußte wegen der Zeitwirrnisse ein Unstetes Wanderleben führen, er war ein gern gesehener Gast an vielen .deutschen Fürstenhöfen. Politisch gesehen war er ein leidenschaftlicher Parteigänger einer starken Zentralmacht mit dem Kaiser an der Spitze und bekämpfte aus der Sicht des Rittertums dlé Eigenwilligkeit und den Partikularismus der Fürsten sowie die Machtbestrebungen des römischen Papstes und seiner Kurie.
Als Minnedichter ging Walther von der Vogelweide bei Reinmar in die Schule, aber bald sollte der Schüler den Meister übertreffen. Er überwand allmählich die Eintönigkeit des konventionellen Minnesangs und beschritt — vielfach unter dem Einfluß des volkstümlich orientierten Minnesängers Heinrich von Morungen — in der Lyrik neue Wege. Im Gegensatz zu seinen Vorläufern und Zeitgenossen dichtete er innige und emotional unmittelbare Liebeslieder, die in vieler Hinsicht die Traditionen der Volkspoesie fortführten. Die-Vereinigung der hohen Kunstfertigkeit des höfischen Minnesangs mit der tief empfundenen Schlichtheit der Volkslieder ist ein bezeichnendes Charakteristikum- -seiner Lyrik.
Walther von der Vogelweide tritt gegen den übersteigerten Frauenkult, wie er seiner Zeit zu eigen war, auf. Ihm war der eintönige und schmachtvolle Liebesdienst zuwider. Er gestaltet schlichte und unmittelbare Empfindungen und Gefühle und setzt sich über die ständischen Liebesauffassungen hinweg. Das einfache «wip» bedeutet ihm mehr als die unnahbare edle «frouwe». Gerade dies bewirkt die beeindruckende Volkstümlichkeit seiner Minnelieder.
. Der Dichter erstrebt in seinen Bemühungen die Versinn-lichung der höfischen Poesie und will sie der Wirklichkeit näher führen. Seine Dichtung ist lebensfroh und optimistisch, sie atmet gesunde Sinnlichkeit, die noch heute auf den Leser zu wirken vermag.
Walther von der Vogelweide war darüber hinaus ein großer politischer und philosophischer Dichter. Er führte das weltanschaulich tiefe politische Gedicht auf eine dagewesene Höhe. Das Thema des politischen Kampfes paart sich in seiner Lyrik harmonisch mit der sittlichen Unterweisung und Kritik ab der zerfallenden feudalen Gesellschaft.
5. Städtebürgerliche Dichtung (Spätmittelalter).
Die feudalistische Spätzeit ist durch den nach 1250 einsetzen den Verfall der höfischen Gesellschaft und das unablässige Wachstum und Erstarken der Städte gekennzeichnet. Höfische Dichtung wird epigonal (unschöpferisch), sie vermag nichts mehr Originelles und Urwüchsiges hervorzubringen. Das Rittertum ist nicht mehr Kulturträger, auf den Plan tritt das Stadtbürgertum, das zur kulturtragenden Bevölkerungsschicht wird und eine neue, Kunst und Literatur schafft, in denen das Denken und Fühlen des Frühbürgertums ihre künstlerische Widerspiegelung finden. Das wirtschaftliche und politische Wachstum der Städte war durch stetige Kämpfe und Auseinandersetzungen mit Fürsten und ihren Gefolgsleuten begleitet. Erfolge brachten die Stadtbürger zwangsläufig zur Erkenntnis ihrer Kraft und dies stärkte ihr Selbstgefühl. Ihr Selbstbewusstsein wurde nicht zuletzt auch dadurch gefördert, daß sie frei waren und keine Leibeigenschaft kannten.
Die Zentren der Kultur verlagern sich aus ritterlichen und fürstlichen Burgen in die Paläste der reichen Stadtbevölkerung. Im Gefolge dieser allgemeinen Entwicklung kommt eine neuartige Literatur auf, die nicht mehr eine idealisierte Ritterwelt und unnahbare Edelfrauen zeichnet, sondern den Stadtbürger mit all seinen alltäglichen Lebensproblemen und Interessen. Die neue Literatur ist fest in der realen Wirklichkeit verwurzelt, ihre Helden sind praktische Menschen mit gesundem und nüchternem Verstand, die sich keinen Phantasien hingeben und keine Illusionen über sich selbst und die Welt hegen.
Die stadtbürgerliche Dichtung des Mittelalters unterscheidet sich von der ritterlich-höfischen nicht nur durch ihren Inhalt und Weltbild, sondern auch durch neue Ausdrucksmittel und Formen. Sie bringt neue Dichtungsgattungen und Genres hervor, die es vorher nicht gab. Jetzt werden weniger Ritterromane und Minnelieder gedichtet als Schwänke, Meisterlieder, geistliche und weltliche Dramen. Unter den geistlichen muß man vorrangig Oster-, Weihnachts- und Passionsspiele nennen, während unter den weltlichen vor allem die sogenannten Fastnachtspiele zu erwähnen sind.
Der Schwank, eine kurze humoristische Verserzählung (später auch prosaische), häufig mit didaktisch-lehrhaftem Anliegen, genoss im Spätmittelalter besondere Popularität. Nicht weniger beliebt und populär waren auch Meisterlieder der zu Singschulen zusammengeschlossenen Meistersinger. Den Meistersang muss man in mancher inhaltlicher und formeller Hinsicht als bürgerliche Fortsetzung des ritterlichen Minnesangs ansehen. Die Fastnachtspiele sind Lustspiele, die sich nicht selten durch derbe Komik und Zynismus auszeichnen.
Doch als die berühmteste und bedeutsamste Dichtung Strickers gilt seine Schwanksammlung «Pfaffe Amis», deren viele Stücke in andere Schwanksammlungen des späten Mittelalters und sogar der Renaissancezeit hinübergingen (z. B. Pfaffe Kahlenberg» und «Till Eulenspiegel“). Im Mittelpunkt der Schwanksammlung steht ein armer Landpfarrer, dem seine Gläubigen gern zuhörten, denn er war ein guter Seelenhirt. Dem Bischof missfiel dies. Er bestellte den Geistlichen zu sich und begann ihn auf die Kenntnis der Religion zu prüfen. Er stellte ihm manche heikle Frage, auf die Pfaffe Amis gleich die Antwort wusste. Er brachte es sogar fertig, den Esel das Lesen zu lehren. Trotzdem nahm ihm der Bischof die Pfarrei weg und so blieb der Held der Schwanksammlung ohne Amt. Seitdem begannen seine Abenteuer, die den Inhalt des ganzen Werkes ausmachen. Pfaffe Amis gerät oft in schwierige Situationen, findet aber immer einen Ausweg daraus. Seine List kennt keine Grenzen. Am Hofe eines Fürsten macht er beispielsweise alle Hofleute, die dem Herrn nicht mehr dienen wollen, gesund. In einem anderen Schwank bemalt er für eine große Geldsumme die Wände des Palastes des französischen Königs. Es stellt sich aber dann heraus, dass die Wandmalereien nur diejenigen sehen können, die ehelich geboren worden waren. Sein Leben beschließt der Pfaffe als ein frommer und beliebter Vorsteher eines Klosters.
„Pfaffe Amis» versetzt spürbare sozialkritische Seitenhiebe. Zielscheibe der Satire sind vornehmlich bornierte Geistlichkeit und untere Stände, Reliquiendienst, Wundersucht und Aberglauben Darüber hinaus wendet sich der Dichter in seinem Werk gegen die damalige scholastische Wissenschaft, gegen die Hab- und Geldgier der katholischen Geistlichkeit
sowie gegen die Überheblichkeit und den Standesdünkel der feudalen Kreise.
Dieses Buch ist nicht nur eine Satire auf die damaligen privaten und gesellschaftlichen Zustände, sondern auch eine Verherrlichung von List und Verschlagenheit, wie sie den praktischen, nüchternen Stadtbürger mit gesundem Menschenverstand charakterisierten.
Wernher der Gärtner, dessen Biographie und Lebensdaten im Grunde unbekannt sind, nimmt eine Sonderstellung in der spätfeudalistischen Literatur ein. Uns ist nur sein „Meier Helmbrecht“ überliefert. In seiner Dichtung erzählt er von einem Jungbauern, der sich in den Kopf gesetzt hat, das Bauernleben aufzugeben und Ritter zu werden. Wie er dies tut und welches Missgeschick ihn dabei ereilt, macht den Inhalt dieser ersten deutschen Dorfgeschichte aus. Ihr Verfasser denkt nicht daran, die Grundlagen der Feudalgesellschaft anzutasten, er verurteilt nur deren Anwüchse (укоренение) und Mißstände, beispielsweise das Raubrittertum. Ansonstén ist die Ideologie dieses Werkes durchaus ritterlich.
Diese einmalige und einzig dastehende Dichtung der nachhöfischen Verfallsepoche widerspiegelt, indem sie das Motiv vom verlorenen Sohn aufgreift, den Niedergang der feudalen Lebensordnung: das Rittertum verarmt und sinkt zum Raubrittertum ab, während einige Bauern reich werden und es den Rittern gleichtun wollen. Wernher der Gärtner ist prinzipiell dagegen, daß einige Bauern zu Rittern aufsteigen wollen. Seine Dichtung muß man als eine Warnung an die Bauern verstehen, in ihrem Stande auszuharren und nicht hoch hinaus zu wollen.
Den Raubrittern und ritternden Bauern, die ihr Bauerntum verleugnen und sich anmaßen, Ritter zu werden, ist in „Meier Helmbrecht“ der alte Großbauer Helmbrecht entgegengestellt. Selbstbewußt und grundsatzfest, verkörpert er «die alte gute Zeit» der Glanzperiode der höfischen Kultur, die unwiederbringlich vorbei ist. Der Dichter läßt ihn die Gegenwart beklagen, die vom Verfall der schönen ritterlichen Gebräuche gekennzeichnet sei. Der gesamte Handlungsaufbau des „Meier Helmbrecht“ soll beweisen, daß das Heute schlechter sei als das Gestern. Die Dichtung zeigt also wahrheitsgetreu und überzeugend die sozialen Umschichtungen des Spätmittelalters.
6. Renaissanceliteratur. Die Renaissance ist eine gesamteuropäische geistige Bewegung des Frühbürgertums, das sich zum Ziele steckte, den Feudalismus wenigstens im ideologisch-künstlerischen Bereich niederzuwerfen. Der neue, das mittelalterliche Weltbild negierende Geist kam zuerst in Italien auf, dem entwickeltsten Land des damaligen Europa, um sich zwei Jahrhunderte später über alle Territorien des Abendlandes auszubreiten. Die europäische Renaissancekultur brachte Künstler hervor, deren Namen noch heute jedem gebildeten Mensehen geläufig sind. Als bedeutendste Repräsentanten der italienischen Früh- und Spätrenaissance gelten bekanntlich die Dichter Dante, Petrarca, Boccaccio, Torquato Tasso und die Maler Leonardo da Vinci, Michelangelo, Raffael und Tizian. Weltbekannt sind auch die Namen der westeuropäischen Renaissancedichter Shakespeare, Rabelais und Cervantes, deren Werke noch heute mit unvermindertem Interesse gelesen werden.
Die verstärkte Entwicklung der Produktion machte die Entwicklung der Wissenschaft erforderlich. Es waren genaue Kenntnisse über die Natur und ihre Gesetze notwendig, um die Bedürfnisse der Produktion zu befriedigen. Dies führte zwangsläufig zum Aufschwung der Natur- und Geisteswissenschaften und zur Abkehr von der damals vorherrschenden lebensfremden scholastischen Wissenschaft. Im Mittelpunkt der neuen Ideologie standen nunmehr der Mensch und die ihn umgebende Natur. Gott und seine himmlischen Angelegenheiten rückten in den Hintergrund, Kunst und Literatur wurden diesseitig, wirklichkeitsnah und humanistisch. Sie waren antifeudal und antiklerikal ausgerichtet.
Die neue Wissenschaft und Kunst suchten nach Vorbildern und Beispielen in der Vergangenheit und sie fanden sie in der griechischen und römischen Antike. Jetzt wendet man sich einem eifrigen Studium des alten Griechenland und Roms zu, hebt die während des Mittelalters vergessene Kultur wieder ans Licht.
Die Literatur dieser Zeit erfährt eine tiefgreifende Wandlung. Die künstlerischen Gestalten und Bilder werden jetzt sinnlich konkreter, lebendiger, wirklichkeitsnäher. Die allegorisch-schematische Charakterzeichnung wird viélfach überwunden. Die Helden der literarischen Werke werden jetzt mehr individuell und originell. Dies zeugt vom Wachstum des Selbstbewusstseins der menschlichen Persönlichkeit. Die deutsche humanistische Kunst des Renaissancezeitalters ist weniger sinnlich als die italienische, dies ist vor allem auf die sozialpolitische und religiöse Situation in Deutschland zurückzuführen. Die Epoche der Renaissance und des Humanismus fällt in Deutschland mit der religiösen Reformation und dem Großen Bauernkrieg zusammen. Dies führte zwangsläufig zur Vorherrschaft der kritisch-satirischen Genres. Dem damaligen Zeitgeist in Deutschland konnte nur eine kämpferische, vor allem satirische Dichtung entsprechen. Die Dichter wollten auf ihre Leser unmittelbar einwirken, daher pflegte man gern operative literarische Genres. Man wandte sich mit seinen Werken nicht nur an die höheren Stände, sondern auch an die breiten Massen des Volkes. Neben gelehrten Dichtungen entstanden damals massenweise Bücher volkstümlichen Inhalts. Es waren vor allem Schwänke, Meisterlieder und Fastnachtspiele, die bekanntlich bereits im ausgehenden Mittelalter aufkamen und sehr populär waren. Es blühte auch die sogenannte grobianische Literatur auf, deren Komik sich nicht selten mit Zynismus und Derbheit paarte.
Größte Erfolge erzielten im XVI. Jahrhundert die deutschen Humanisten, auf die die italienische Renaissancekultur am meisten wirkte. Sie wurden Lehrer der deutschen Nation in deren Kampf gegen die Vorherrschaft der katholischen Papstkirche. Ihr Weltbild war aber nicht selten äußerst widersprüchlich. Einmal verehrten sie alle die Antike, die sie als das Reich der vollkommenen Schönheit, des freien Denkens und der erhaltenen Menschlichkeit auffassten, zum anderem zeigten sie waches Interesse für das christliche Altertum. Es gab unter ihnen auch ausgesprochene «Heiden», die nichts mit der christlichen Askese zu tun haben wollten und in ihrer Lyrik Natur, Liebe und Wissen verherrlichten.
Neben diesen gelehrten Schriftstellern wirkten im damaligen Deutschland auch viele demokratische Dichter, die an die Volksdichtung anknüpften und somit der Dichtung der Renaissanceepoche das Gepräge der Volkstümlichkeit verliehen. Diese Literatur war am meisten kämpferisch. Ihre beliebtesten und wirksamsten Dichtungsformen waren Predigten, Artikelbriefe, Sendschreiben und Aufrufe in Form von Flugschriften, Sprichwörter und sprichwörtliche Redewendungen. Einen hervorragenden Platz nahm darunter das Lied ein. Kampflieder wurden zumal unter aufständischen Bauern und Stadtplebejern gesungen. Diese Literatur nahm die Interessen des Volkes wahr und sie wandte sich auch unmittelbar an das Volk. Daher ist sie äußerst bildhaft und anschaulich. Ihr ist eine einfache und klare Sprache eigen.